Es muss so 1998 gewesen sein. Ich musste für ein Musikermagazin nach Nashville zur Summer-NAMM. Eine Musikinstrumenten-Messe. Messen sind bekanntermaßen anstrengend – aber mitunter auch bereichern. Vor allem das Abendprogramm hat mit seinen vielen Konzerten seinen Reiz.
Das galt natürlich vor allem für den Branchentreff in der sogenannten „Music City USA“: Viele Konzerte, jede Menge Clinics und Showcases. Eine der Shows fand im historischen Ryman Auditorium statt. In dieser besonderen Location, die früher eine Kirche war und die mit ihrer ehrwürdigen Architektur immer noch eine spirituelle Aura verströmt, fand ein Abend mit einigen Meistern an der Akustik-Gitarre statt. Einer dieser leisen Stars war der aus Pennsylvania stammende Fingerstyle- und Lap Steel-Spezialist Ed Gerhard. Ein grauhaariger, gutmütig wirkender Spät-Hippie, der seit den 80er Jahren zu den Besten seines Fachs zählt; 2004 erhielt er sogar einen Grammy. Einen Preis hätte er sich auch für diese Darbietung im Ryman 1998 verdient. Vor allem für seine unfassbar gefühlvolle und virtuose Interpretation des schottischen Traditionals „The Water Is Wide“. An das 1906 geschriebene Rührstück wagte sich nahezu die gesamte Folk-Szene – von James Taylor über Mark Knopfler bis Bob Dylan. Dass der Song auch als Instrumental die Herzen der Hörer berühren kann, bewies Ed Gerhard bei diesem Auftritt. Ich war jedenfalls davon so ergriffen, dass ich mir sofort seine CD kaufte.