Eine Stimme wie eine Naturgewalt. Schwarz, kraftvoll, soulig, bluesig. Alles da. Trotzdem blieb der in Wirklichkeit ziemlich weiße Jess Roden aus dem britischen Kidderminster seine ganze Karriere – die immerhin bereits Mitte der 60er Jahre startete – ein absoluter Geheimtipp.
Er sang bei mittelerfolgreichen Bands wie Alan Bown, Bronco und The Butts Band, war ständig auf Tour, nahm Alben und Singles auf, arbeitete mit Stars und Superstars und trotzdem: der große Wurf wollte ihm einfach nicht gelingen. Irgendwie stieß ich dennoch auf seinen Namen. Mitte der 70er Jahre kaufte ich mir jedenfalls das zweite Album der Jess Roden Band „Play It Dirty, Play It Class“ – das sich eine ganze Weile auf meinem Plattenspieler hielt. Vor allem ein Song hat es mir angetan: ihre ruppige Version des Temptations-Klassikers „I Can’t Get Next To You“. Roden und seine versierten Musiker liefern einen großartigen, kraftvollen Rhythm & Blues-Song mit messerscharfen Bläsersätzen und klasse Gitarren-Solo ab. Das Glanzlicht aber setzt der Chef selbst: sein Gesang ist umwerfend. Kaum zu glauben, dass eine Stimme wie diese nur für Insider vorbehalten blieb. Ein weiterer Irrtum der Musikgeschichte.