Wer Tyler Childers nicht kennt – davon gibt es noch viel zu viele – und sich von dem aus Kentucky stammenden Sänger und Songwriter ein Bild machen möchte, sollte an einen jungen, etwas versoffenen Bob Dylan auf Country-Trip denken …

… schmächtiger Kerl, ziemlich lange, rote Haare, meist zu einem Zopf gebunden. Rübezahl-Bart, Akustikgitarre. Er wirkt mindestens 15, 20 Jahre älter als er mit seinen erst 27 Jahren ist. Und auch seine Musik klingt – ähnlich wie bei Colter Wall – nach weit mehr Höhen und Tiefen und Lebenserfahrung, als man es für einen Mittzwanziger erwarten darf. Im Gegensatz zu Wall, bei dem die in den Keller gepresste Stimme und sein Faible für die dunklen Seiten des Lebens etwas gewollt wirken, klingt Tyler Childer auf seinem 2017 erschienenen Album „Purgatory“ zu jeder Zeile, zu jedem Ton absolut authentisch. Kein Wunder dass er 2018 von der Americana-Association als „Emerging Artist Of The Year“ geadelt wurde. In den amerikanischen Country-, Indie- und Folk-Charts eroberte er mit dem von Sturgill Simpson produzierten Album die Platze 17, 3 und 4. Man könnte also fast sagen: ein Konsens-Künstler. Zumindest, wenn es um handgemachte Musik geht – denn nichts anderes bietet das junge Talent an. Songs und Sounds in bester Folk- und Singer/Sonwriter-Tradition, meist mit einem Schuss Country, öfters mit einer Prise Alternative-Rock gewürzt und immer mit erstaunlicher Coolness präsentiert. Zwingendster Song des starken Albums ist wohl „Whitehouse Road“: fantastische Melodie, eingängiger Refrain, sehnsüchtige Dobro-Gitarre und ein schon fast rockender Groove. Man könnte sagen: Ein düsterer Bruder von „Wagon Wheel“ der Americana-Band „Old Crow Medicine Show“ – ein Song, den Bob Dylan bekanntermaßen mitkomponiert hat. Ach ja, Ende August 2019 tritt Tyler Childers beim Tonder Festival in Dänemark auf.